Wer Anfang August bereits verreist war, hat es entweder gar nicht oder nur aus den Nachrichten mitbekommen. Am 4. August 2023 traf die Reutlinger Innenstadt ein Unwetter von Hagel und Starkregen völlig unerwarteten Ausmaßes. Meterhoch häuften sich die von Radladern zusammengeschobenen Hagelkörner in den Straßen der Altstadt. Unterführungen, Tiefgaragen, aber auch teilweise Einkaufsgeschäfte wurden vom Starkregen überschwemmt. Die Autos steckten fest, der Verkehr war lahmgelegt. Die Kanalisation war vom Hagel und den niedergeschlagenen Blättern überfordert und verstopft. Reutlingen sah im August wie eine Winterlandschaft aus. Wer’s nicht glauben kann, der sehe sich ein Video an:
Unwetter und Klimawandel
Zwar kann man einzelne Wetterereignisse nicht singulär und unmittelbar auf den Klimawandel zurückführen. Dennoch ist sicher, dass die Erderhitzung derartige Wetterereignisse extremer und damit gefährlicher macht. Denn wärmere Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Der Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre nimmt mit jedem Grad Celsius um 7 Prozent zu. Dieses Mehr an Wasser regnet in kürzerer Zeit punktueller und häufig heftiger ab.
Klimakrise ist auch hier
Vor etwa 10 Jahren hatte es Reutlingen schon einmal getroffen. Damals, am 28. Juli 2013, war der Hagelschaden in der Region Reutingen/Tübingen gewaltig. »Die Versicherer schätzten den Schaden zunächst auf 400 bis 600 Millionen Euro. Die Württembergische Gemeinde-Versicherung bezifferte ihn später auf fast 2 Milliarden Euro. Andere Schätzungen gingen sogar von 4 Milliarden aus. Damit war bei dem Unwetter der höchste Hagelschaden in der Geschichte Deutschlands entstanden.« (Quelle: SWR-aktuell).
Auch die verheerende Flutkatastrophe im Ahrtal, die 184 Menschen das Leben kostete, ist erst zwei Jahre her. Die diesjährigen Überschwemmungen in Slowenien, Norditalien und Frankreich rücken zwar auch in unsere Nachrichtenwelt, genauso wie die schlimmen Waldbrände in Griechenland. Aber diese Nachrichten werden von neuen Ereignissen auch wieder schnell verdrängt. Oder erinnern Sie sich noch daran, dass dieses Jahr bereits Teile Italien, Spaniens, Portugals und Frankreichs von dramatischem Wassermangel tangiert waren? In einzelnen Regionen Europas, wie z. B. in Perpignan, einer Stadt in Südwestfrankreich, war sogar die Trinkwasserversorgung gefährdet. Die Europäische Dürrebeobachtungsstelle (EDO – European Drought Observatory) gibt an, dass etwa ein Viertel des EU-Gebiets von Wassermangel betroffen ist. Und auch der Dürremonitor Deutschland des Helmholtz-Instituts sieht alles andere als gut aus, trotz der teils heftigen Regenfälle in den letzten Wochen hier bei uns.
Dennoch scheint für viele Menschen hierzulande der Klimawandel verdrängbar zu sein oder weit entfernt oder jedenfalls noch nicht wirklich hier stattzufinden. Dabei können Wissenschaftler die Klimafolgen inzwischen auch regional mit hoher Sicherheit abschätzen. Die 1,5 Grad Erderwärmung werden wir in Deuschland zur Mitte des Jahrhundert bereits überschritten haben, die Sommer hier werden damit noch heißer und noch trockener werden. Zerstörerischer Starkregen wird noch häufiger auftreten, und das Risiko für Waldbrände wird weiter steigen.
Wer sich mehr dafür interessiert, wie sich der Klimawandel konkret für Deutschland auswirken wird, dem sei unter den vielen Büchern, die sich mit der Thematik befassen, das vor zwei Jahren erschienene Buch »Deutschland 2050«: Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird» empfohlen. Hier gibt es zu diesem Buch eine ausführliche Besprechung. Die gute Nachricht ist übrigens, dass nicht alles hoffnungslos ist, im Gegenteil. Aber wir müssen halt endlich richtig in die Gänge kommen.
Ich wünsche Ihnen erholsame Sommertage!
Herzliche Grüße,
Ihr Daniel Schmid
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